Jenseitskontakte - und die Neurobiologie von Trance!
- Mediumship & Research
- 3. März 2023
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 10. Juni
Das menschliche Bewusstsein, Trance und Neurobiologie!
Veränderte Bewusstseinszustände stehen oft mit religiösen oder spirituellen Praktiken in Verbindung und werden jedoch innerhalb der biomedizinischen Paradigmen oft als eine Form von Psychopathologie oder einer physiologischen Reaktion auf Stress verstanden [1]. Das wissenschaftliche Interesse an Untersuchungen von veränderten Bewusstseinszuständen, welche mit Hypnose, Meditation, Flow – Zuständen oder Dissoziation verbunden sind, ist wachsend, wobei das Wissen über die neuronalen Korrelate während der Trance derzeit noch unzureichend ist [1]. Trance wird als ein veränderter Bewusstseinszustand verstanden, welcher durch ein verengtes Bewusstsein der äußeren Umgebung gekennzeichnet ist, aber zwischen verschiedenen Ethnien, soziokulturellen Praktiken, Traditionen, Gemeinschaften und zwischen Individuen variiert und sollte deshalb nicht auf eine einzige Definition reduziert sowie verstanden werden [1, 2].
Häufig spielen Hypnose, Chanten, Singen, Tanzen, Trommeln oder psychoaktive Substanzen eine Rolle für die Einleitung sowie Aufrechterhaltung eines Trancezustandes, wobei gerade das Trommeln seit der Antike in vielen schamanischen Traditionen verwendet wird, um einen veränderten Bewusstseinszustand zu erreichen [1, 2]. Während der Trance treten Schamanen oder schamanische Praktiker in einen veränderten Bewusstseinszustand ein, um körperliche, psychische, spirituelle Heilung für andere Personen durchzuführen oder in Kontakt mit Verstorbenen, anderen Entitäten und Dimensionen zu treten [3]. Genutzt wird der Trance Zustand für die vermeintliche Kommunikation mit Verstorbenen sowie dem Channeling, bei welchen die Informationen, welche das Trancemedium erhält, von vielfältigen Quellen stammen können wie beispielsweise Engeln, die Quelle, das höhere Selbst, aufgestiegene Meister, Jesus, Gottheiten sowie von anderen Dimensionen.
Die berichteten sowie beobachteten Erfahrungen von Medien in Trance sind dissoziativ, so wie sensorische oder kognitive Automatismen wie z. B. das Hören von Geistwesen oder das Melden von Körperbewegungen sowie Gedanken, welche von Geistwesen verursacht werden, bis hin zur Besessenheit [4]. Einen wertvollen Einblick können moderne experimentelle Neuroimaging - Studien in die neuronalen Korrelate des veränderten Bewusstseinszustandes der Trance geben sowie ein besseres Verständnis der Neurobiologie des menschlichen Bewusstseins. Neurobiologisch untersucht werden neben der Trance auch andere menschliche Bewusstseinszustände, wie der Zustand der Meditation, andere dissoziative Bewusstseinszustände pathologischer sowie nicht-pathologischer Form, psychodelische – drogeninduzierte Bewusstseinszustände, weitere veränderte Bewusstseinszustände, die durch Praktiken mit einem spirituellen und religiösen Kontext zusammenhängen und Wissenschaftlern Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede der verschiedenen menschlichen Bewusstseinszustände aufzeigen können.
Das menschliche Bewusstsein und Neuroimaging – Verfahren
Anwendung finden bildgebende Verfahren, welche auch als Neuroimaging bezeichnet werden innerhalb experimenteller Studien, um einen Einblick in die inneren Strukturen oder Vorgänge des Gehirns zu erlangen wie z. B. bei Trance als veränderter Bewusstseinszustand und vergleichend dazu bei nicht Trance Zuständen. Innerhalb der Medizin werden bildgebende Verfahren für die Diagnostik eingesetzt und sind so wertvolle Instrumente der Neuropsychologie [5].
Magnetresonanztomografie (MRT)
Nahezu von jeder Körperregion können durch die Magnetresonanztomografie (MRT), welche ein starkes Magnetfeld und Radiowellen einsetzt, Schichtaufnahmen nahezu jeder Körperregion angefertigt werden und durch die sich rasant entwickelten Technik kann eine immer präzisere Darstellung von Blutgefäßen erfolgen [6]. Die verschiedenen Gewebearten wie die graue Substanz, weiße Substanz, Cerebrospinalflüssigkeit generieren unterschiedliche Signale, wodurch sich die verschiedenen Gewebearten sehr gut differenzieren lassen [7]. Vor allem auch in VBM (Voxel Based Morphometrie) Untersuchungen findet die MRT ihre Anwendung, durch welche es möglich ist, die Masse bzw. Dichte der verschiedenen Gehirnstrukturen zu berechnen sowie zu vergleichen [7].
Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)
Die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) ist eine nicht invasive Methode, welche eingesetzt wird für die bildliche Darstellung physiologischer Phänomene im Inneren des Gehirns [7]. Die Aktivität des Gehirns bei der Bearbeitung verschiedener Aufgaben zu erfassen, ermöglicht die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) [7].
Positronen-Emissions-Tomografie (PET)
Die Positronen-Emissions-Tomografie wird ebenfalls für Untersuchungen des Gehirns verwendet, bei welcher vorübergehend kurzlebige Radioisotope angereichert werden, um mit diesen radioaktiv markierten Elementarteilchen die Durchblutung, den Sauerstoffverbrauch sowie den Zuckerumsatz im Gehirn zu messen [8]. Mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) lassen sich funktionelle Störungen des Hirngewebes nachweisen, bevor sich durch MRT oder CT Untersuchungen Gewebeschäden zeigen [8].
Einzelphotonen-Emissions-Computertomografie (SPECT)
Als diagnostischer Test ermöglicht das Verfahren der Einzelphotonenemissions-Computertomografie (SPECT) eine Computerrekonstruktion von szintigraphischen Bildern, welche sich auf die Verteilung einer radioaktiven Tracersubstanz beziehen, die in kleinen Dosen in den Körper des Patienten eingeführt wird, um so bestimmte biologische und biochemische Prozesse zu messen [9]. Dieses Verfahren basiert auf der Verwendung von radioaktiven Substanzen, welche Gammastrahlung abgeben und der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) ähnelt [9].
Elektroenzephalografie (EEG)
Die hirnelektrische Aktivität an der Schädeldecke wird durch das Verfahren der Elektroenzephalografie (EEG) registriert [7]. Über die Elektroenzephalografie (EEG) können Erregungsvorgänge größerer Zellverbände der Hirnrinde gemessen werden, wodurch sich Rückschlüsse auf spezifische Aktivierungsprozesse im Zusammenhang mit bestimmten psychischen Vorgängen ergeben [7].
Magnetenzephalografie (MEG)
Die hirnelektrische Aktivität einhergehender Magnetfeldveränderungen wird mit der Magnetenzephalografie (MEG) gemessen [10]. Die Magnetenzephalografie [MEG] beruht auf dem Prinzip der primären Messung der Magnetfelder, die durch die elektrische Aktivität von Neuronen Populationen des Kortex hervorgerufen werden [10].
Das menschliche Gehirn und seine funktionellen Netzwerke
Der Trance Zustand als veränderter Bewusstseinszustand wie die schamanische Trance ist gekennzeichnet durch einen Zustand der Absorption, was den bewussten Rückzug von äußeren Reizen beinhaltet oder durch dissoziative Zustände z. B. während Medialität als Psychografie „Schreibmedium“ [2, 4]. Aus diesem Grund wäre es annehmbar, dass Trance als veränderter Bewusstseinszustand mit Veränderungen in funktionellen Netzwerken des Gehirns einhergeht [2, 4].
Default Mode Network (DMN)
Ein bekanntes großes Gehirnnetzwerk ist das Default Mode Network (DMN), welches mehrere hochrangige kognitive Bereiche umfasst, wie den medialen präfrontalen Kortex (mPFC), den posterioren cingulären Kortex (PCC) sowie die parietalen Regionen (PTL) [11]. Starke niederfrequente Schwingungen weisen eine Reihe von Gehirnregionen des Default Mode Network (DMN) auf, welche während des Ruhezustandes kohärent sind und von welchen angenommen wird, dass sie aktiviert werden, wenn Menschen sich auf interne mentale Zustandsprozesse konzentrieren sowie während kognitiver Aufgabenerfüllung deaktiviert werden [12].
Dorsales Aufmerksamkeitsnetzwerk
An extern gerichteten Aufgaben wie der visuellen Aufmerksamkeit ist das dorsale Aufmerksamkeitsnetzwerk beteiligt [2].
Frontoparietales Netzwerk
Das frontoparietale Netzwerk ist ein Kontrollnetzwerk, welches eine Vielzahl von Funktionen im Gehirn besitzt, wie das Planen sowie Ausführen von Bewegungen, die mentale Rotation von Objekten sowie die Steuerung des Arbeitsgedächtnis und Aufmerksamkeitsprozessen [2, 13].
Salienz-Netzwerk (SN)
An der Erkennung sowie Filterung bedeutsam hervortretender (salienter) Reize und an der Rekrutierung relevanter funktioneller Netzwerke ist das Salienz-Netzwerk als neuronales Netzwerk des menschlichen Gehirns beteiligt [14]. Das Salienz-Netzwerk trägt zu einer Vielzahl komplexer Funktionen bei wie der Kommunikation, dem sozialen Verhalten und der Selbstwahrnehmung [14].
Cingulo-operkuläre Netzwerk (CON)
Ein kontrollbezogenes Gehirnnetzwerk, welches an der Aufmerksamkeitskontrolle beteiligt ist, wie der intrinsisch aufrechterhaltenen tonischen Wachsamkeit ist das cingulo-operkuläre Netzwerk (CON) [15].
Schamanische Trance und seine neuronalen Korrelate
Derzeit existieren nur sehr wenige empirische Studien über den schamanischen Bewusstseinszustand, welcher dem psychodelischen Zustand anekdotisch ähnelt [3]. Wissenschaftler untersuchten von 24 schamanisch Praktizierenden sowie 24 gesunden Kontrollpersonen mithilfe der High-Density-Elektroenzephalographie (EEG) die neuronalen Korrelate während des Ruhezustandes, schamanischen Trommeln sowie klassischen Musikhören [3]. Die schamanischen Praktizierenden traten während des Trommelns in einen veränderten Bewusstseinszustand im Vergleich zu den 24 Kontrollpersonen, welcher vergleichbar mit Berichten von psychodelischen Zuständen gewesen ist [3].
Veränderungen zeigten die schamanisch Praktizierenden in einer Vielzahl von EEG-Messungen während des schamanischen Trommelns, welche mit den Messungen ihrer veränderten Bewusstseinszustände korrelierten [3]. Die Ergebnisse dieser Studie konnten zeigen, dass schamanische Trance sowie psychodelische drogeninduzierte veränderte Bewusstseinszustände „unterschiedliche Zustände mit gemeinsamen Merkmalen“ sind und trotz einiger überlappender phänomenaler Eigenschaften durch unterschiedliche Veränderungen der Gehirnaktivität gekennzeichnet sind [3].
Mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT) untersuchten Wissenschaftler die Gehirn-Netzwerk-Konfiguration von 15 erfahrenen schamanisch Praktizierenden im bewussten Trancezustand sowie nicht Trancezustand, welche aus Deutschland sowie Österreich stammten und sich durchschnittlich 9,3 Jahre mit schamanischen Praktiken beschäftigten [2]. Eine erhöhte Zentralität während der schamanischen Trance wurde im posterioren cingulären Kortex (PCC) ein kognitiver Bereich des Default Mode Network (DMN) festgestellt, was die Bedeutung von Trance während intern gesteuerten Zuständen unterstützt [2].
Der Zustand der schamanischen Trance zeigt zusammenfassend die Zusammenarbeit von Gehirnnetzwerken, welche mit internem Denken, kognitiver Kontrolle und einer Dämpfung der sensorischen Verarbeitung verbunden sind [2]. Die neuronalen Signaturen und schamanische Trance stehen im Zusammenhang mit Ergebnissen zu Neuroimaging-Studien zu Träumen, Einsicht, Meditation sowie Hypnose [2]. Ähnliche Veränderungen in der großräumigen Netzwerkkonnektivität zeigten Studien zur Meditation [2]. Die schamanische Trance zeigt vergleichend zu einem hypnotischen Zustand eine ähnliche intensive Absorption und ist wie die Hypnose durch fokussierte Aufmerksamkeit sowie Dissoziation von konkurrierenden Gedanken charakterisiert [2].

Qellen:
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